Bitkom-ifo-Digitalindex März 2020, © Bitkom 2020

Bitkom: Corona-Krise drückt Stimmung in der Digitalbranche

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In der Digitalbranche hat sich das Geschäftsklima unter dem Eindruck der Corona-Krise im März stark eingetrübt. Jedes dritte Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche (31 Prozent) verzeichnete im März einen Nachfragerückgang. Während 55 Prozent der Unternehmen negative Folgen der Corona-Krise feststellten, berichteten 43 Prozent davon, dass die Pandemie keine Auswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit habe. Lediglich 3 Prozent bemerkten einen positiven Effekt.

Von den negativen Folgen sind in der Digitalbranche vor allem Industrie und Handel betroffen. Das ist das Ergebnis der monatlichen Konjunkturumfrage von Bitkom und ifo Institut in der ITK-Branche. Der Bitkom-ifo-Digitalindex, der sich aus der Einschätzung von Geschäftslage und Geschäftserwartung berechnet, notiert aktuell nur noch bei 0,6 Punkten – nach 24,6 Punkten im Februar. Das ist der niedrigste Wert seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2009.

Eine Mehrheit der Unternehmen rechnet für die kommenden sechs Monate mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage, der Saldo der Erwartungen ging um 30,9 auf -18,4 Punkte zurück. Das ist der stärkste Rückgang innerhalb eines Monats seit der erstmaligen Erhebung im Jahr 2006. Die aktuelle Geschäftslage wird dagegen immer noch mehrheitlich positiv eingeschätzt, auch wenn sie mit 21,6 Punkten um 15,7 Punkte unter dem Februar-Wert liegt. „Die Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche beurteilen ihre konjunkturellen Perspektiven zwar besser als die die Wirtschaft insgesamt. Aber auch in den Auftragsbüchern der Bitkom-Unternehmen hat sich die Corona-Krise jetzt schon bemerkbar gemacht und sie drückt messbar auf die Stimmung“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Die Digitalbranche hält in Zeiten von Ausgangssperren, Kontaktverboten und Produktionsstopps die Reste des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens aufrecht. Sie ist einer der wenigen Stabilitätsanker, leidet aber auch selbst unter dem aktuellen Lockdown. Die Corona-Krise ist ein Auftrag an Politik und Wirtschaft, die Digitalisierung in allen Bereichen mutiger und entschiedener voranzutreiben.“

In der Gesamtwirtschaft erlebte die Stimmung im März einen außerordentlichen Einbruch. Das ifo Geschäftsklima drehte ins Minus und stürzte auf -11,8 Punkte ab. Die Erwartungen trübten sich damit so stark ein wie niemals zuvor. Besonders stark von negativen Auswirkungen der Corona-Krise betroffen sind Tourismusbranche (96 Prozent), Gastgewerbe (79 Prozent) und Industrie (68 Prozent).

Digitale Wirtschaft schickt ihre Mitarbeiter flächendeckend ins Homeoffice

Unter dem Eindruck der Corona-Krise wird flexibles Arbeiten zum Standard. Neun von zehn Unternehmen (89 Prozent) der Digitalwirtschaft empfehlen ihren Mitarbeitern, im Homeoffice zu arbeiten. Zwei Drittel (64 Prozent) haben das sogar angeordnet. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom, an der sich 235 Unternehmen der IT-, Telekommunikations- und sich digitalisierender Branchen beteiligt haben. Demnach ist es nach Einschätzung der befragten Unternehmen für durchschnittlich 86 Prozent der Mitarbeiter möglich, ihre Tätigkeit im Homeoffice auszuüben. Für den unternehmensinternen Austausch greift man auf digitale Technologien zurück. 95 Prozent der Unternehmen ersetzen Präsenztreffen durch Videokonferenzen. „Digitale Technologien sind der Garant dafür, das Wirtschaftsleben in Zeiten von Ausgangssperren, Kontaktverboten und Produktionsstopps am Laufen zu halten. Die Corona-Krise ist eine Aufforderung an Politik und Wirtschaft, die Arbeitswelt schnellstmöglich, umfassend und dauerhaft zu digitalisieren“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Die weitgehende Stilllegung der Wirtschaft stellt die Digitalunternehmen vor enorme Herausforderungen. Jeweils sechs von zehn der befragten Unternehmen berichten von einer großen Verunsicherung ihrer Kunden (61 Prozent) und von zurückgestellten Aufträgen (60 Prozent). Jedes Vierte (23 Prozent) hat heute bereits mit Auftragsstornierungen zu kämpfen. Jedes zweite befragte Unternehmen (49 Prozent) hat angesichts der Krise seinerseits Investitionsentscheidungen zurückgestellt, bei jedem Fünften (20 Prozent) wurde die Produktion eingeschränkt. Das liegt auch an unterbrochenen Lieferketten. Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die Geschäftskontakte nach China unterhalten. 81 Prozent dieser Unternehmen berichten von eingestellten oder beeinträchtigten Zulieferungen aus China. Auch innerhalb Europas (48 Prozent) und Deutschlands (40 Prozent) kommt es infolge von Grenzschließungen und anderen Beschränkungen zu Lieferproblemen und Lieferstopps für die darauf angewiesenen Unternehmen.

Negative Auswirkungen auf Geschäftsergebnis befürchtet

Die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung im Jahr 2020 sind entsprechend stark getrübt. Für die Gesamtwirtschaft erwarten die befragten Unternehmen zu 97 Prozent negative Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt und zu 92 Prozent einen Rückschlag für den Arbeitsmarkt. Auch für die Branche selbst wird mehrheitlich von negativen Auswirkungen auf Umsatz (65 Prozent) und Beschäftigung (47 Prozent) ausgegangen. Acht von zehn der befragten Unternehmen (79 Prozent) rechnen mit negativen Auswirkungen auf ihr eigenes Geschäftsergebnis im Jahr 2020. Vier von zehn (37 Prozent) befürchten negative Auswirkungen auf die Beschäftigung im eigenen Unternehmen, 55 Prozent erwarten keinen Einfluss darauf.

Betriebsschließungen und Kurzarbeit

Für einen Teil stellt sich mit der Corona-Krise die Existenzfrage. 5 Prozent der befragten Unternehmen haben Betriebsschließungen beschlossen, weitere 10 Prozent diskutieren darüber. 7 Prozent haben die Arbeitszeit verkürzt beziehungsweise Kurzarbeit eingeführt, weitere 34 Prozent erwägen dies.

Der Blick in die nähere Zukunft ist wenig optimistisch. Nahezu alle befragten Unternehmen (94 Prozent) erwarten eine weitere Zuspitzung der Wirtschaftskrise. 92 Prozent rechnen mit einer weltweiten Rezession. Berg: „Digitalisierung ist der Silberstreif am Horizont der Corona-Krise.“

Hinweis zur Methodik:

Der Digitalindex basiert auf der monatlichen ifo Konjunkturumfrage und bildet sich aus dem geometrischen Mittel des Index der Geschäftslage und des Index der Geschäftserwartungen. Berücksichtigt werden Daten der Digitalbranche, die sich aus Unternehmen der Sektoren Verarbeitendes Gewerbe, Handel und Dienstleistungssektor zusammensetzt. Dazu zählen Hersteller von IT und Kommunikationstechnik, Unterhaltungselektronik, Anbieter von Software und IT-Dienstleistungen, Telekommunikationsdiensten sowie der Groß- und Einzelhandel mit ITK. Der Index wird als Saldo dargestellt. Gewichtet wird nach Anzahl der Beschäftigten. Die Angaben für die Tourismusbranche und das Gastgewerbe stammen aus einer Zwischenauswertung der ifo Konjunkturumfrage von Mitte März.

Grundlage der Angaben zum Home-Office ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Zwischen dem 17. und 22. März 2020 wurden dabei 235 Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche sowie Unternehmen in sich digitalisierenden Branchen online befragt, darunter jeweils Mitglieder sowie Nicht-Mitglieder des Bitkom e. V.

Titelbild: Bitkom-ifo-Digitalindex März 2020, © Bitkom 2020

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Inhaber von croXXing – International Business Development und Redakteur bei ITK-OWL.de